1924: Hilfsschule

Gründung der ersten katholischen Hilfsschule in Württemberg

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde besonders das Schulwesen im Lande ausgebaut. Die Marienpflege erklärte sich am 9. Dezember 1924 bereit, die erste katholische Hilfsschule des Landes einzurichten. Diese Hilfsschule erwies sich für die Kinder als sehr segensreich, Geschwister mussten nicht mehr getrennt werden. Die Durchlässigkeit der beiden Schularten – Volksschule und Hilfsschule – war ohne weiteres gewährleistet. Allerdings musste dafür nun das ehemalige Kloster für diese Schule umgebaut werden. Denn 1931 umfasste die Hilfsschule schon 90 Kinder.

Lehrerkonferenz

Aus dem "Prüfungsbescheid auf die Hauptprüfung in der Marienpflege Ellwangen am 16. und 17. März 1931"

Ueber unser schulisches Arbeiten möge der folgende, vom zuständigen Visitator, Schulrat Allmendinger, zugestellte "Prüfungsbescheid auf die Hauptprüfung in der Marienpflege  Ellwangen am 16. und 17. März 1931" Aufschluss geben: "Das Ergebnis der Prüfung sämtlicher Klassen der Anstalt ist im ganzen ein recht erfreuliches. Die freundlichen Schulräume mit ihrer musterhaften Ordnung und Reinlichkeit und ihrem feinen Wandschmuck sind für Schüler  und Lehrer angenehme Stätten der Arbeit. Aus dem ganzen Auftreten der Schüler spricht Gewöhnung und Ordnung und anständiges Betragen. Ihre offene, zutrauliche Art lässt erkennen, daß sie sich in der Anstalt wohl fühlen. Zwischen Schülern und Lehrpersonen besteht ein schönes warmes Vertrauensverhältnis, das beide Teile zu gemeinsamer Arbeitsfreude zusammenschließt. Im Unterricht sind die Kinder zu äußerer und innerer Sammlung erzogen und zu williger und eifriger Mitarbeit. Die unterrichtlichen Leistungen sowohl der Normal- als der Hilfsschule sind im ganzen recht befriedigende. Auch Werkunterricht und Handarbeit haben schöne Früchte anregenden und sorgfältigen Unterrichts vorgelegt. Den eifrigen Turnunterricht belebt ein frisch-fröhlicher Geist; der neuerworbene Spielplatz wird der körperlichen Schulung der Anstaltszöglinge recht förderlich sein. Besonders erfreulich sind die Unterrichtserfolge der Hilfsschule. Das Bemühen ihrer Lehrenden, die Kräfte dieser Schüler lustbetont und planmäßig zu wecken und so zu beschäftigen, daß den Kindern nach und nach das Gefühl eigenen Könnens zum wertvollen Antrieb zu freudiger Mitarbeit im Unterricht läßt von Stufe zu Stufe Fortschritte beobachten, welche die Bedeutung und den Segen der Hilfsschule offensichtlich darlegen. Sämtliche Lehrpersonen der Anstalt haben für ihren Eifer, ihre treue Hingabe in Unterricht und in der Erziehung das aufrichtige Lob, das ihnen der Visitator am Schlusse der Prüfung aussprach, wohlverdient. Besondere Anerkennung gebührt dem Leiter der Anstalt, der mit viel Verständnis und opferwilliger Begeisterung seinen Mitarbeitern Führer und den Kindern ein Vater ist. Einzelne Beobachtungen während der Prüfung wurden mit dem Lehrerkollegium in einer anschließenden Konferenz behandelt."

Priester als Heimleiter

Im Jahre 1924 ging Hausvater Johannes Herschlein nach 32 Jahren in den Ruhestand. Seit dieser Zeit übernahmen Ellwanger Kapläne die Leitung der Marienpflege: Kaplan Kolb (1924-1932), Kaplan Renz (1932-1945), Kaplan Dreher (1945-1949), Kaplan Vaas (1949-1953). Erster hauptamtlicher Direktor war Erich Sommer (1953-1959), gefolgt von Erwin Knam (1959-2000) und Martin Schwer (2000-2005). Mit Ralf Klein-Jung (ab 2005) kam nach 81 Jahren kein Priester als Direktor, sondern ein Laientheologe und Pädagoge.

Das Kloster kann erworben werden - ein Glücksfall nach 99 Jahren

Das rasche Anwachsen der Hilfsschule ließ die Zahl der Kinder auf knapp 200 ansteigen. Deshalb musste das ehemalige Klostergebäude für die Hilfsschule vollständig umgebaut werden. Am 11. Februar 1929 richtete deshalb der Verwaltungsrat an die württembergische Staatsregierung die Eingabe, der Marienpflege das ehemalige Kloster für den Ausbau der Hilfsschule zu schenken. Am 24. April 1929 kam durch Intervention von Staatspräsident Eugen Bolz die erlösende Antwort, dass das Gebäude um 16 000 Goldmark zu erwerben sei. Am 25. Juli 1929 wurde der Vertrag abgeschlossen. Sofort wurde mit dem Umbau begonnen. Ebenfalls trat die Amtskörperschaft Ellwangen einen Großteil ihrer ausgeübten Rechte an den Verwaltungsrat der Marienpflege ab. Dieser stellte fest, „dass nunmehr die seit vielen Jahren katholische Anstalt auch statuarisch in eine Anstalt mit katholischem Charakter verwandelt wurde“.

Diese Eigentumsübertragung erwies sich deshalb als ein großer Glücksfall, weil sonst die Nationalsozialisten im Dritten Reich großen Einfluß auf die Marienpflege hätten nehmen können.

Veranlasst durch das baden-württembergische Stiftungsgesetz vom 4. Oktober 1977, wurde im Jahre 1980 anlässlich der 150-Jahrfeier die "Verkirchlichung"  im Sinne der Rechtsaufsicht durch das bischöfliche Ordinariat vom Verwaltungsrat vollzogen.